BGH beurteilt Widerrufsinformationen aus Darlehensvertrag von 2012 kritisch

Der BGH hat in sei­nem Beschluss vom 04.06.2019 — XI ZR 331/17 fest­ge­stellt, dass Wider­rufs­in­for­ma­tio­nen in einem Dar­le­hens­ver­trag aus dem Jah­re 2012, die über Pflich­ten aus §312g Abs. 1 S. 1 BGB a.F. i.V.m. Art 246 § 3 EGBGB a.F. beleh­ren, nicht rich­tig die Geset­zes­la­ge zur Wider­rufs­frist wie­der­ge­ben, wenn es kein Ver­trag im elek­tro­ni­schen Geschäfts­ver­kehr ist. 

Kon­kret ging es in dem Ver­fah­ren um den Wider­ruf eines Ver­brau­cher­dar­le­hens­ver­tra­ges zum Erwerb einer Immo­bi­lie aus dem Jah­re 2012. Die­ser wur­de 2016 widerrufen. 

Die Wider­rufs­in­for­ma­tio­nen in dem Dar­le­hens­ver­trag aus dem BGH Ver­fah­ren XI ZR 331/17 ent­hiel­ten u.a. fol­gen­de Textpassage:

„…, nach­dem der Dar­le­hens­ge­ber sei­ne Pflich­ten aus § 312g Absatz 1 Satz 1 BGB in Ver­bin­dung mit Arti­kel 246 § 3 EGBGB erfüllt hat.“

BGH 04.06.2019 — XI ZR 331/17

Bemer­kens­wert ist die­ser Hin­weis in den Wider­rufs­in­for­ma­tio­nen eines Ver­brau­cher­dar­le­hens­ver­tra­ges des­halb, weil das Gesetz nach § 492 Abs. 1 BGB in der dama­li­gen Fas­sung, wie auch aktu­ell noch, die Schrift­form nach § 126 BGB für den Abschluss eines Ver­brau­cher­dar­le­hens­ver­tra­ges vor­sieht. Schrift­form bedeu­tet die eigen­hän­di­ge Unter­schrift der Vertragspartner. 

Zwar ist es seit der Geset­zes­än­de­rung zum 11.06.2010 grund­sätz­lich mög­lich auch Dar­le­hens­ver­trä­ge elek­tro­nisch zu schlie­ßen, aller­dings nur wenn die Form­vor­schrif­ten nach §§ 429 Abs. 1, 126, 126a BGB ein­ge­hal­ten wird. 

„Folg­lich kann ein Ver­brau­cher­dar­le­hens­ver­trag künf­tig statt durch Unter­schrift auch durch qua­li­fi­zier­te elek­tro­ni­sche Signa­tur (§ 126 Abs. 3, § 126a), nicht aber in Text­form abge­schlos­sen werden.“ 

(Bun­des­druck­sa­chen 16/11643)

Bei der elek­tro­ni­schen Form sah das Gesetz sei­ner­zeit zur Gleich­stel­lung mit der Schrift­form die Ver­wen­dung einer qua­li­fi­zier­ten elek­tro­ni­schen Signa­tur nach dem Signa­tur­ge­setz vor. Dies prak­tisch ein­zu­hal­ten ist nicht so ein­fach gewe­sen und für Ver­brau­cher­dar­le­hens­ver­trä­ge zur Immo­bi­li­en­fi­nan­zie­rung eher ungewöhnlich. 

Nor­ma­ler­wei­se hat ein Ver­stoß gegen die Schrift­form nach § 494 Abs. 1 BGB die Nich­tig­keit des Ver­brau­cher­dar­le­hens­ver­tra­ges zur Fol­ge. Tat­säch­lich wird der Dar­le­hens­ver­trag aber den­noch gül­tig, wenn er in Anspruch genom­men wird (§ 494 Abs. 2 BGB). Direk­te Aus­wir­kun­gen hat der Form­man­gel auf das Wider­rufs­recht zunächst nicht. 

Dies ändert sich aber nach der jetzt ergan­ge­nen Ent­schei­dung des BGHs vom 04.06.2019 — XI ZR 331/17 dann, wenn in den Wider­rufs­in­for­ma­tio­nen Hin­wei­se zum elek­tro­ni­schen Abschluss ent­hal­ten sind, der Ver­trag aber nicht im elek­tro­ni­schen Weg geschlos­sen wur­de. Die­ser Hin­weis wäre, so der BGH wei­ter nur dann zuläs­sig, wenn es sich auch um einen im elek­tro­ni­schen Rechts­ver­kehr geschlos­se­nen Ver­brau­cher­dar­le­hens­ver­trag han­delt. Ist dies nicht der Fall, wäre die Dar­stel­lung in den Wider­rufs­in­for­ma­tio­nen unzutreffend. 

„Wenn aber der Dar­le­hens­ver­trag kein “Ver­trag im elek­tro­ni­schen Geschäfts­ver­kehr” im Sin­ne die­ser Vor­schrift war, hat der im ers­ten Abschnitt der Wider­rufs­in­for­ma­ti­on ent­hal­te­ne Hin­weis auf die Not­wen­dig­keit der Erfül­lung der “Pflich­ten aus § 312g Absatz 1 Satz 1 BGB in Ver­bin­dung mit Arti­kel 246 § 3 EGBGB” für den Beginn der Wider­rufs­frist die Geset­zes­la­ge nicht rich­tig wiedergegeben.“ 

BGH 04.06.2019 — XI ZR 331/17

Für Ver­brau­cher­dar­le­hens­ver­trä­ge kann dies sodann dazu füh­ren, dass ggf. das Wider­rufs­recht fort­be­steht. Beson­ders rele­vant ist dies für Dar­le­hens­ver­trä­ge die zwi­schen dem 11.06.2010 und dem 20.03.2016 geschlos­sen wur­den. Für die­se Ver­trä­ge kann näm­lich heu­te noch das soge­nann­te ewi­ge Wider­rufs­recht gel­ten, sodass sie wei­ter­hin wider­ru­fen wer­den kön­nen, wenn das Wider­rufs­recht fortbesteht. 

Fort­be­stehen kann es eben u.a. dann, wenn feh­ler­haft über das Wider­rufs­recht im Dar­le­hens­ver­trag infor­miert wurde. 

Der BGH hat in sei­nem Beschluss vom 04.06.2019 — XI ZR 331/17 fest­ge­hal­ten, dass Wider­rufs­in­for­ma­tio­nen, die über den Abschluss im elek­tro­ni­schen Rechts­ver­kehr beleh­ren, die Geset­zes­la­ge unzu­tref­fend wider­ge­ben, wenn der Ver­brau­cher­dar­le­hens­ver­trag nicht elek­tro­nisch geschlos­sen wurde. 

Inso­fern lässt sich dar­aus eine kri­ti­sche Fehl­in­for­ma­ti­on in den Wider­rufs­in­for­ma­tio­nen ableiten. 

Der BGH hat­te bereits vor­her in sei­ner Ent­schei­dung vom 24. 01. 2017 – XI ZR 66/16 anklin­gen las­sen, dass in neue­re Wider­rufs­in­for­ma­tio­nen von Dar­le­hens­ver­trä­gen ab dem 11.06.2010 nur noch die Infor­ma­tio­nen ent­hal­ten sein dür­fen, die der Gesetz­ge­ber für die kon­kre­te Kon­stel­la­ti­on vor­ge­se­hen hat. Für die Rechts­la­ge zuvor hat­te der BGH im Ein­klang mit den Vor­ga­ben des Geset­zes dies noch anders beur­teilt und z.B. Hin­wei­se zu ver­bun­de­nen Geschäf­ten nicht als Feh­ler ange­se­hen, sofern es tat­säch­lich kein ver­bun­de­nes Geschäft war. Nach der neue­ren Rechts­la­ge wäre dies hin­ge­gen fehlerhaft. 

Mit­hin sind Ver­brau­cher­dar­le­hens­ver­trä­ge aus der Zeit ab dem 11.06.2010 kri­tisch zu betrach­ten, soll­ten die Wider­rufs­in­for­ma­tio­nen Anga­ben ent­hal­ten, die nicht zum kon­kret geschlos­se­nen Ver­trag passen. 

Nicht ent­schie­den hat der BGH hin­ge­gen, ob der kon­kre­te Ver­trag im elek­tro­ni­schen Geschäfts­ver­kehr geschlos­sen wur­de. Dabei sind wei­te­re Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen not­wen­dig und die­se sind vom OLG zu tref­fen. Daher hat der BGH fol­ge­rich­tig das Urteil des KG Ber­lin vom 24.04.2017 — 24 U 8/17 auf­ge­ho­ben und zurückverwiesen. 

Der BGH hat mit dem Beschluss vom 04.06.2019 — XI ZR 331/17 die Rech­te von Ver­brau­chern gestärkt. Dar­le­hens­ver­trä­ge, die die ent­spre­chen­de Pas­sa­ge zum § 312g BGB und dem Art 246 EGBGB ent­hal­ten, aber eben nicht im elek­tro­ni­schen Rechts­ver­kehr geschlos­sen wur­den, wür­den mit­hin unzu­tref­fen­de Wider­rufs­in­for­ma­tio­nen enthalten. 

Ob bei einem Dar­le­hens­ver­trag noch ein Wider­rufs­recht besteht, ist jeweils einer Prü­fung des Ein­zel­falls vorbehalten. 


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