KfW geförderte Darlehensverträge und der Widerruf
Immer wieder stellt sich hier die Frage, ob KfW geförderte (Kreditanstalt für Wiederaufbau) Darlehen widerrufsbar sind oder nicht bzw. ob über ein Widerrufsrecht nach § 495 BGB in der jeweiligen Fassung aufgeklärt werden musste.
Wie immer kommt es dabei auf den konkreten Einzelfall an. Die Beurteilung hängt im Wesentlichen an den Faktoren:
Wann wurde der Vertrag geschlossen.
und
Wie wurde er geschlossen.
Bei KfW geförderten Darlehensverträgen handelt es sich in der Regel um Kredite, die aufgrund eines Bewilligungsbescheids von der KfW über die „Hausbank“ an den Darlehensnehmer vergeben werden. Oft und gerne verweigern hierbei die Banken, die das KfW Darlehen an den Darlehensnehmer vergeben haben, den späten Widerruf mit der Begründung, dass nach § 491 Abs. 2 Nr. 5 BGB dem Darlehensnehmer kein Widerrufsrecht nach § 495 BGB zusteht, weil es sich um kein Verbraucherdarlehen handelt.
Der § 491 BGB definiert dabei, was als Verbraucherdarlehensvertrag gilt und was nicht. Er ist somit dafür entscheidend, ob einem Darlehensnehmer das Widerrufsrecht für einen Verbraucherdarlehensvertrag nach § 495 BGB zusteht oder nicht. Dabei definiert der § 491 BGB auch einige Ausnahmen, die per Definition keine Verbraucherdarlehensverträge sind und bei denen dem Darlehensnehmer kein Widerrufsrecht nach § 495 BGB zusteht.
Hier kommt der Zeitraum ins Spiel.
Entscheidend ist, wann der Darlehensvertrag geschlossen wurde. Es gilt immer das Recht, welches beim Vertragsschluss galt.
Der § 491 BGB existiert in dem hier relevanten Zeitraum von August 2002 bis 2015 in drei verschiedenen Varianten. Die erste galt von 01.08.2002 bis zum 10.06.2010. Die zweite Variante vom 11.06.2010 bis zum 12.06.2014 und die neuste und aktuelle Version gilt ab dem 13.06.2014.
Dies ist deshalb wichtig, weil die Versionen verschiedene Regelungselemente enthielten und unterschiedlich weit gefasst waren.
Zeitraum vom 01.08.2002 bis zum 10.06.2010
Für den Zeitraum vom 01.08.2002 bis zum 10.06.2010 war der § 491 Abs. 2 Nr. 3 BGB a.F. relativ eng gefasst. Dieser Zeitraum ist für Darlehensnehmer von KfW geförderten Krediten und Darlehensverträgen günstig. Hier schloss der § 491 Abs. 2 Nr. 3 BGB a.F. nämlich nur die geförderten Darlehen vom Widerrufsrecht nach § 495 BGB a.F. aus, wenn das Darlehen direkt von der Förderbank an den Darlehensnehmer vergeben wurde. Dieser Fall trat jedoch relativ selten ein. Der Regelfall ist und war, dass das Darlehen von einer anderen Bank an den Darlehensnehmer vergeben wird, quasi durchgeleitet wurde. Diese weit verbreitete Form des Darlehensvertrages ist daher nicht von der Ausnahme des § 491 Abs. 2 Nr. 3 BGB a.F. betroffen gewesen. Diese trat eben nur ein, wenn das Darlehen direkt von der Förderbank an den Darlehensnehmer vergeben wurde.
Wurde das KfW geförderte Darlehen nicht von der KfW Bank direkt an den Darlehensnehmer vergeben, sondern über eine andere Bank, war der Darlehensnehmer uneingeschränkt über sein Widerrufsrecht nach § 495 BGB a.F. aufzuklären.
Erfolgte diese Widerrufsbelehrung nicht ausreichend nach der Maßgabe des § 355 BGB a.F. stand bzw. stand dem Darlehensnehmer das sogenannte ewige Widerrufsrecht des § 355 Abs. 3 BGB a.F. zu. Diese Verträge konnten also widerrufen werden, sofern die Widerrufsbelehrung falsch im Sinne des Gesetzes erfolgt war und das Widerrufsrecht nicht verwirkt war. Mehr zur Frage, ob Verwirkung vorliegt, finden Sie in diesem Beitrag.
Der Gesetzgeber hat per Gesetz das Widerrufsrecht von Darlehensverträgen, die vor dem 11.06.2010 geschlossen wurden und bis zum 21.06.2016 nicht widerrufen wurden, vernichtet. Ein späterer Widerruf dieser Darlehensverträge ist nicht mehr möglich. Nicht erfasst sind Verträge und ggf. Prolongationen die ab dem 11.06.2010 geschlossen wurden.
Zeitraum vom 11.06.2010 bis zum 12.06.2014
Mit der großen Reform des Widerrufsrechts zum 11. Juni 2010 wurde auch der § 491 BGB angepasst. Die zuvor in § 491 Abs. 2 Nr. 3 BGB a.F. befindliche Ausnahme zu den Förderkrediten u.a. der KfW Bank wurde nun mehr in § 491 Abs. 2 Nr. 5 BGB a.F. neu gefasst.
“Keine Verbraucherdarlehensverträge sind Verträge,
5. die nur mit einem begrenzten Personenkreis auf Grund von Rechtsvorschriften in öffentlichem Interesse abgeschlossen werden, wenn im Vertrag für den Darlehensnehmer günstigere als marktübliche Bedingungen und höchstens der marktübliche Sollzinssatz vereinbart sind.”
Wie sich leicht erkennen lässt, wurde das Merkmal der „Unmittelbarkeit“ aus dem Gesetz entfernt.
Dies bedeutet für die Darlehensnehmer von KfW geförderten Darlehensverträgen, dass sie ab diesem Zeitpunkt nicht mehr über ein Widerrufsrecht nach § 495 BGB a.F. aufgeklärt werden mussten.
Weil per Definition diese geförderten Darlehen keine Verbraucherdarlehen mehr sind. Dementsprechend kommt es auch nicht mehr auf Fehler in den Widerrufsbelehrungen, sofern übergeben, an, weil kein Widerrufsrecht des Darlehensnehmers aufgrund des § 495 BGB a.F. besteht.
Diese Fehler sind daher unbeachtlich, wenn schon kein Widerrufsrecht besteht. Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass eine bloße Belehrung über ein Widerrufsrecht kein Widerrufsrecht schafft, wenn schon keines nach gesetzlichen Vorschriften besteht und ein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht nicht an den gesetzlichen Vorschriften, insbesondere nicht dem § 355 Abs. 3 BGB a.F. zu messen ist.
Wer jetzt leichtfertig davon ausgeht, dass bei Darlehensverträgen, die aus KfW geförderten Mitteln stammen, aber grundsätzlich nicht über ein Widerrufsrecht aufgeklärt werden muss, der liegt falsch.
Der Gesetzgeber hat per Definition solche Darlehensverträge aus dem Wirkungsbereich des § 495 BGB a.F. genommen. Der Gesetzgeber wollte aber ausdrücklich die Vorschriften und die Schutzwirkung der Regelungen über den Fernabsatz oder Haustürgeschäfte oder den elektronischen Rechtsverkehr nicht ändern. Daher gibt es auch hier ausreichend Situationen, in denen die Banken auch bei einem KfW geförderten Darlehensvertrag nach dem 10.06.2010 über das Widerrufsrecht belehren mussten.
Dies begründet sich aus der unterschiedlichen Zielsetzung der Regelungen. Zwar handelt es sich jeweils um Verbraucherschutznormen, die den Verbraucher vor einer übereilten Entscheidung schützen sollen, allerdings aus unterschiedlichen Situationen heraus.
Daher sind Darlehensnehmer, die ihren Darlehensvertrag nicht im persönlichen Kontakt geschlossen haben etwa im Wege des Fernabsatzes, auch bei KfW geförderten Darlehensverträgen nach § 312 d BGB a.F. über ihr Widerrufsrecht aufzuklären gewesen. Erfolgt dies nicht im Rahmen des § 355, 360 BGB a.F., gilt hier ebenfalls das sogenannte ewige Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 3 BGB a.F..
Betroffene müssen hier ganz genau schauen, wie der Vertrag zustande kam, weil es sich zwar per Definition nicht um Verbraucherverträge handelt, aber die Verbrauchereigenschaft und der Verbrauchvertrag mitsamt den Regelungen des §§ 312 ff. BGB a.F. gerade nicht geändert bzw. modifiziert werden sollte. Normalerweise kommt das Widerrufsrecht nach § 312 d BGB a.F. nicht zum Tragen, weil eine Regelung des § 312d Abs. 5 BGB a.F. dieses verhindert, sofern ein Widerrufsrecht nach § 495 BGB a.F. vorliegt.
Nachdem dieses aber aufgrund des § 491 Abs. 2 Nr. 5 BGB a.F. nicht bei KfW Darlehen einschlägig ist, gilt der § 495 BGB a.F. nicht. Damit kommt der Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312d Abs. 5 BGB a.F. nicht zum Tragen und es ist, sofern die Voraussetzungen vorliegen, über die Widerrufsrechte nach §§ 312 ff BGB a.F. aufzuklären gewesen.
Betroffenen sollten genau prüfen oder prüfen lassen, wie sie ihren Darlehensvertrag geschlossen haben. Wurde dieser etwas über einen Vermittler abgeschlossen, kann — aber muss dies nicht ein Fernabsatzgeschäft ausschließen.
Gleiches ergibt sich in diesem Zeitraum für Haustürgeschäfte.
Zeitraum ab dem 13.06.2014
Für diesen Zeitraum gilt eine ganz ähnliche Rechtslage, wie für den Zeitraum zuvor. Auch hier ist zunächst bei KfW geförderten Darlehen ein Widerrufsrecht des Darlehensnehmers nach § 491 Abs.2 Nr. 5, 495 BGB a.F. ausgeschlossen.
Gleichzeitig bleiben auch hier die zahlreichen anderen Widerrufsrechte des Verbrauchers unberührt. Geändert hat sich hauptsächlich die Paragraphenkette. Das Widerrufsrecht für Haustür- und Fernabsatzgeschäfte wird ab hier im § 312g BGB a.F. geregelt und der Ausschluss des § 495 BGB findet sich in § 312g Abs. 3 BGB a.F. und nicht mehr in § 312d Abs. 5 BGB a.F..
Zu beachten ist hierbei jedoch, dass nach § 355 Abs. 3 BGB a.F. kein ewiges Widerrufsrecht mehr gilt. In der Fassung des § 355 BGB vom 13.06.2014 findet sich kein Satz mehr, der aussagt, dass das Widerrufsrecht nicht erlischt. Ganz im Gegenteil wurde hier ein Rückschritt vollführt und das Widerrufsrecht erlischt gemäß § 356 Abs. 3 BGB a.F. ein Jahr und 14 Tage nach Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
Glücklicherweise ist für Finanzdienstleistungen etwas anderes bestimmt.
Hiernach gilt entsprechend § 356 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. diese Ausschlussfrist nicht. Es bleibt jedoch offen, wie Gerichte hier in Zukunft entscheiden werden. Im Gegensatz zu früheren Gesetzesversionen steht nämlich explizit nicht mehr drin, dass das Widerrufsrecht nicht erlischt, sondern nur, dass es nicht nach einem Jahr und 14 Tagen verfällt. Juristisch gesehen ein deutlicher Unterschied.
Es gibt bei KfW Darlehen noch weitere Ausschlussgründe, die ein Widerrufsrecht kompromittieren können. Bisher ging es allerdings in den meisten unserer Fälle, um die Frage, ob dem Verbraucher nach § 491 Abs. 2 BGB in der jeweiligen Fassung überhaupt ein Widerrufsrecht nach § 495 BGB zusteht oder nicht.
Betroffene Darlehensnehmer, die ein KfW gefördertes Darlehen haben und nicht ausreichend über ihr Widerrufsrecht belehrt wurden, sollten daher nicht zögern rechtlichen Beistand zu suchen und sich beraten zu lassen.
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