Oberlandesgericht Frankfurt kippt Widerrufsbelehrung der Sparkasse Hanau

Der 23. Senat des Ober­lan­des­ge­richt Frank­furt hat, in einem von hün­lein rechts­an­wäl­ten geführ­ten Ver­fah­ren, die Wider­rufs­be­leh­rung eines Dar­le­hens­ver­tra­ges von der Spar­kas­se Hanau vom 29.04.2008 als falsch ausgeurteilt.

Urteil Ober­lan­des­ge­richt Frank­furt vom 25.04.2016 Az. 23 U 98/15

Dies dürf­te für alle betrof­fe­nen Dar­le­hens­neh­mer von Spar­kas­sen vor dem Land­ge­richt Hanau und in gesamt Hes­sen von Bedeu­tung sein.

Bis­her hat­te das Land­ge­richt Hanau in ver­gleich­ba­ren Fäl­len oft die Kla­gen abge­wie­sen. So zunächst auch in die­sem Fall. Die Beru­fung hat­te jedoch Erfolg.

Es ging um einen Dar­le­hens­ver­trag aus dem Jah­re 2008, der 2014 wider­ru­fen wur­de. Die Bank ver­lang­te im Lau­fe des Ver­fah­rens von den Klä­gern jedoch noch wei­te­re knapp. 32.000 € im Wege der Wider­kla­ge. Die Klä­ger hin­ge­gen mach­ten zurecht gel­tend, dass der Spar­kas­se kei­ner­lei Ansprü­che mehr aus dem wider­ru­fe­nen Dar­le­hens­ver­trag zuste­hen. Das Ober­lan­des­ge­richt Frank­furt hob mit sei­nem Urteil vom 25.04.2016 Az. 23 U 98/15 das abwei­sen­de Urteil des Land­ge­richt Hanau auf und erkann­te im Sin­ne der Klä­ger. Die Wider­kla­ge der Spar­kas­se Hanau wur­de mit zutref­fen­der Begrün­dung abgewiesen.

Die von der Spar­kas­se ver­wen­de­te Wider­rufs­be­leh­rung des Dar­le­hens­ver­tra­ges ent­hielt sowohl den Pas­sus „Die Frist beginnt frü­hes­tens…“ als auch die Fuß­no­te „Bit­te Frist im Ein­zel­fall prü­fen.“ und einen vom Mus­ter abwei­chen­den Teil „Finan­zier­te Geschäfte“.

Das Ober­lan­des­ge­richt Frank­furt befasst sich in sei­ner Ent­schei­dung vom 25.04.2016 Az. 23 U 98/15 aus­führ­lich mit der Fra­ge, ob und wann der Ver­trau­ens­schutz auf das dama­li­ge Mus­ter der Wider­rufs­be­leh­rung gege­ben ist und wann nicht. Das Ober­lan­des­ge­richt Frank­furt kommt dabei zu dem Ergeb­nis, dass sich die Spar­kas­se Hanau im vor­lie­gen­den Fall nicht auf die­se soge­nann­te Gesetz­lich­keits­fik­ti­on des § 14 BGB Abs. 1 Info­VO a.F. beru­fen kann und die Wider­rufs­be­leh­rung somit wegen des Pas­sus „frü­hes­tens“ falsch und irre­füh­rend über den Frist­be­ginn belehrt. Daher war der Wider­ruf der Klä­ger wirk­sam und die Kla­ge begründet.

Das Ober­lan­des­ge­richt Frank­furt stützt dabei, wie zuvor bereits in sei­nem Urteil vom 27.01.2016 Az. 17 U 16/15, sei­ne Begrün­dung vor allem dar­auf, dass die Spar­kas­se unter dem Pas­sus „Finan­zier­te Geschäf­te“ vom dama­li­gen Mus­ter abge­wi­chen ist. Hier hat­te die Spar­kas­se die Sät­ze 2 & 3 unter­schied­lich for­mu­liert, als es das Mus­ter vor­ge­se­hen hat­te. Dies reicht dem Ober­lan­des­ge­richt aus, um der Spar­kas­se den Ver­trau­ens­schutz auf das Mus­ter zu verwehren.

Das Ober­lan­des­ge­richt Frank­furt bezog sich kon­kret auf fol­gen­de Pas­sa­ge unter dem Punkt „Finan­zier­te Geschäf­te“ in der Wider­rufs­be­leh­rung des Dar­le­hens­ver­tra­ges der Spar­kas­se Hanau.

Bei einem finan­zier­ten Erwerb eines Grund­stücks oder eines grund­stücks­glei­chen Rechts ist eine wirt­schaft­li­che Ein­heit nur anzu­neh­men, wenn wir zugleich auch Ihr Ver­trags­part­ner im Rah­men des ande­ren Ver­trags sind oder wenn wir über die Zur­ver­fü­gung­stel­lung von Dar­le­hen hin­aus Ihr Grund­stücks­ge­schäft durch Zusam­men­wir­ken mit dem Ver­käu­fer för­dern, indem wir uns des­sen Ver­äu­ße­rungs­in­ter­es­se ganz oder teil­wei­se zu Eigen machen …“

Die inso­weit unter­stri­che­nen Tei­le befand das Ober­lan­des­ge­richt als Abwei­chun­gen vom dama­li­gen Mus­ter­text der Widerrufsbelehrung.

Das Ober­lan­des­ge­richt weist zudem dar­auf hin, dass es kei­ne Rol­le spielt, ob sich der Man­gel in der Wider­rufs­be­leh­rung der Spar­kas­se Hanau kon­kret aus­ge­wirkt hat oder die Ver­än­de­rung wesent­lich ist oder nega­tiv auf das Ver­ständ­nis der Beleh­rung aus­wirkt. Im Ein­klang mit der BGH-Recht­spre­chung führt das Ober­lan­des­ge­richt aus, dass es nur dar­auf ankommt, ob die Mus­ter­wi­der­rufs­be­leh­rung ver­än­dert wur­de oder nicht.

Dabei ist es gleich­falls uner­heb­lich, ob die Spar­kas­se den Pas­sus hät­te weg­las­sen kön­nen oder nicht. Wenn er abge­druckt wird, muss er auch dem Mus­ter ent­spre­chend for­mu­liert sein.

Ver­wir­kung und Rechts­miss­brauch wur­den mit einer fun­dier­ten und umfang­rei­chen Begrün­dung abgelehnt. 

Dies liegt im Trend der jün­ge­ren Recht­spre­chung des Ober­lan­des­ge­richt Frank­furts und folgt damit der herr­schen­den Recht­spre­chung zum The­ma Ver­wir­kung und Rechts­miss­brauch. Das jetzt ver­öf­fent­lich­te Urteil des Ober­lan­des­ge­richts Frank­furt soll­te daher, auch für die letz­ten noch Ver­wir­kung und Rechts­miss­brauch anneh­men­den Gerich­te in Hes­sen, ein Wink mit dem Zaun­pfahl sein.

Bemer­kens­wert ist inso­weit noch fol­gen­der Satz aus dem Urteil vom 25.04.2016 Az. 23 U 98/15:

Es ist und bleibt nach alle­dem im Grund­satz ohne wei­te­res legi­tim, in lau­fen­der Frist das Ver­brau­cher­wi­der­rufs­recht aus rein wirt­schaft­li­chen Erwä­gun­gen her­aus gel­tend zu machen.„

Es ist irrele­vant, war­um die Dar­le­hens­neh­mer wider­ru­fen. Es bedarf grund­sätz­lich kei­ner Begrün­dung und wenn obliegt es der Bank zu bewei­sen, dass die Dar­le­hens­neh­mer Rechts­miss­bräuch­lich han­deln. Im Zuge der jüngs­ten BGH Ent­schei­dung vom 16. März 2016 Az. VIII ZR 146/15 besteht für eine der­ar­ti­ge Argu­men­ta­ti­on aller­dings kein Raum mehr.

Die Revi­si­on wur­de nicht zuge­las­sen. Das Ober­lan­des­ge­richt sieht die Rechts­fra­gen nun mehr als geklärt an.

Für alle Betrof­fe­nen Dar­le­hens­neh­mer der Spar­kas­sen mit die­ser Wider­rufs­be­leh­rung ein gutes Zei­chen. Nach­dem das Ober­lan­des­ge­richt Frank­furt die Sach- und Rechts­la­ge bei ver­gleich­ba­ren Wider­rufs­be­leh­run­gen der Spar­kas­sen von Dar­le­hens­ver­trä­gen als aus­ge­ur­teilt ansieht, gibt es an für sich kei­nen Grund mehr für die Land­ge­rich­te anders zu urteilen. 

Dies garan­tiert aber kei­nen Erfolg. Es obliegt der rich­ter­li­chen Frei­heit, wie letzt­end­lich das jewei­li­ge Urteil aus­fällt und es ist nicht zu Letzt natür­lich immer eine Ent­schei­dung der kon­kre­ten Umstän­de des Einzelfalls.

Die Zeit drängt dabei für betrof­fe­ne Dar­le­hens­neh­mer, die noch nicht wider­ru­fen haben. Auf­grund eines neu­en Geset­zes ver­fällt das Wider­rufs­recht für alte Dar­le­hens­ver­trä­ge, die vor dem 11.06.2010 geschlos­sen wur­den zum Ende des 21.06.2016. Nach die­sem Ter­min ist nach dem der­zei­ti­gen Gesetz dann kein Wider­ruf mehr mög­lich. Betrof­fe­ne soll­ten daher nicht zögern, sich an einen Rechts­an­walt zu wenden.

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