In seinem Hinweisbeschluss vom 10.02.2015 Az. II ZR 163/14 stellte der Bundesgerichtshof einmal mehr klar, dass jede Änderung der Widerrufsbelehrung zum Verlust des Vertrauensschutzes des Unternehmers hinsichtlich der Widerrufsbelehrung führt.
Verwendet eine Bank oder Sparkasse genau das Muster des jeweils gültigen Widerrufstext in der Musterbelehrung, wird von Gesetzes wegen vermutet, dass die Bank oder Sparkasse damit ausreichend und richtig über das Widerrufsrecht aufgeklärt hat.
Diesen Schutz können Banken und Sparkassen jedoch nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie sich exakt an den Wortlaut der jeweiligen Musterbelehrung gehalten haben.
Oftmals ist dies jedoch nicht der Fall und die verwendete Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag weicht vom Muster ab. Dabei argumentieren Banken gerne, dass es sich entweder um unschädliche Ergänzungen zugunsten des Darlehensnehmers handelt oder sie gar nicht verpflichtet gewesen wären bestimmte Informationen in die Widerrufsbelehrung zu schreiben und Fehler oder Ergänzungen daher irrelevant seien und immer noch die Gesetzlichkeitsfiktion greifen würde.
Dieser recht dünnen Argumentationslinie der Banken und Sparkassen erteilte der BGH in diesem Hinweisbeschluss eine eindeutige Absage. Jede inhaltliche Abweichung in der Widerrufsbelehrung führt zu einem Verlust des Vertrauensschutzes.
In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshofs vom 10.02.2015 Az. II ZR 163/14 wurden verschiedene Texte aus der Musterbelehrung verwendet, die nicht einschlägig waren. So wurden u.a. Widerrufsinformationen zum Fernabsatz geliefert, ohne dass ein Fernabsatzgeschäft vorlag.
„Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen.“
„Ihr Widerrufsrecht erlischt vorzeitig, wenn der Vertrag vollständig erfüllt ist und Sie dem ausdrücklich zugestimmt haben.“
Viel wichtiger ist aber noch, dass sich das Unternehmen in dem Fall daran versucht hat, ergänzende Informationen „zugunsten“ des Kunden einzufügen. Vorliegend wurde so etwa das Fernabsatzgeschäft definiert.
So eine Definition findet sich jedoch nicht im Mustertext und sie war überdies auch nicht vollständig richtig. Daher schloss der Bundesgerichtshof daraus zutreffend, dass sich das Unternehmen nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen kann und die Widerrufsbelehrung unwirksam war. Es macht dabei keinen Unterschied, ob der Verwender der Widerrufsbelehrung versucht zugunsten des Empfängers weitere Ergänzungen vorzunehmen.
Es gibt einige Banken und Sparkassen, die ebenfalls ergänzende Hinweise in Form von Fußnoten oder vermeintlicher „Definitionen“ oder „Präzisierungen“ in ihre Widerrufsbelehrungen ihrer Darlehensverträge geschrieben haben. Bisweilen wurden diese „Ergänzungen“ insbesondere vor dem Landgericht Frankfurt, Landgericht Hanau und Oberlandesgericht Frankfurt und einiger anderer Gerichten als unschädlich betrachtet. Diese Ansicht dürfte im Lichte des Beschlusses des Bundesgerichtshofs nicht mehr haltbar sein.
“Es ist hinlänglich geklärt, dass die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a.F. nur dann greift, wenn der Unternehmer ein Formular verwendet hat, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht, nicht aber, wenn der Unternehmer den Text der Musterbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat. Dies gilt selbst dann, wenn die Abweichungen von der Musterbelehrung nur in der Aufnahme von insoweit zutreffenden Zusatzinformationen zugunsten des Belehrungsempfängers bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2014 — II ZR 109/13, ZIP 2014, 913 Rn. 15 ff. m.w.N).”
Die Richtlinie des Bundesgerichtshofs bleibt klar und eindeutig. Fehlerhafte Widerrufsbelehrungen führen grundsätzlich zu einem weiterhin bestehenden Widerrufsrecht. So etwas wie Änderungen zugunsten von Darlehensnehmern in der Widerrufsbelehrung gibt es nicht ohne den Vertrauensschutz der Musterwiderrufsbelehrung zu verlieren.
Insbesondere für die vielen Widerrufsbelehrungen zwischen 2002 und 2008 die den Passus „Die Frist beginnt frühestens …“ verwendet haben, wird damit die Luft immer dünner. Weil diese im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fast immer falsch sind, sobald nicht genau der Mustertext übernommen wurde. Bisher sahen das einige Gerichte noch anders, es bleibt zu hoffen, dass sich diese nun auch dem Bundesgerichtshof anschließen.
Instanzenweg:
LG Hamburg, Entscheidung vom 04.11.2011 Az. 323 O 150/11
OLG Hamburg, Entscheidung vom 21.03.2014 Az. 11 U 201/12
BGH, Hinweisbeschluss vom 10.02.2015 Az. II ZR 163/14
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