Das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG Karlsruhe) stellte mit Urteil vom 14.04.2015 Az. 17 U 54/14 fest, dass keine Verwirkung des Widerrufsrechts stattfindet und korrigiert damit eine Entscheidung des LG Karlsruhe (31.03.2014 Az. 4 O 305/13).
Dieses hatte zunächst noch Verwirkung angenommen. Dem trat das OLG Karlsruhe nun entschieden entgegen.
Im vorliegenden Fall wurde in der Widerrufsbelehrung u.a. der Passus „Die Frist beginnt frühestens … „ verwendet. Diese hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits mehrfach als falsch und fehlerhaft eingestuft. Nachdem in dem vom OLG Karlsruhe entschiedenen Fall zudem zahlreiche Abweichungen in der Widerrufsbelehrungen vom Mustertext vorlagen, erkannte das OLG Karlsruhe diese Widerrufsbelehrung folgerichtig und BGH konform als fehlerhaft an.
Die Vorinstanz hatte fälschlicherweise noch Verwirkung des Widerrufs angenommen und die berechtigten Ansprüche des Klägers abgewiesen.
Interessant sind die Ausführungen des OLG Karlsruhe daher vor allem zum Tatbestand der Verwirkung. Dies ist ein Einwand, den jede Bank in jedem uns bekannten Verfahren wegen eines späten Widerrufs bisher erhoben hat. Nach unserer Ansicht gibt es keine Verwirkung des Widerrufsrechts ohne triftige Gründe.
Ähnlich sah es jetzt das OLG Karlsruhe in seinem Urteil vom 14.04.2015 Az. 17 U 54/14. Vorliegend waren zwischen Vertragsschluss und Widerruf immerhin 9 Jahre vergangen und das Darlehen seit drei Jahren zurückgeführt.
Der bloße Zeitablauf ist aber KEIN hinreichender Grund, der eine Verwirkung des Widerrufsrechts eintreten lässt.
Erst wenn auch der Umstandsmoment erfüllt ist, könne von einer Verwirkung ausgegangen werden.
Dieser liegt aber schon deshalb nicht vor, weil die hier Beklagte den fehlerhaften Zustand selbst herbeigefügt hat und es unterließ nachzubelehren. Die Beklagte hat es also selbst unterlassen, diesen Schwebezustand der drohenden rückwirkenden Rückabwicklung zu beseitigen. Daran ändert auch nichts, dass wie im vorliegenden Fall, erst drei Jahre nach der vollständigen Rückführung der Widerruf erklärt wurde.
Eine taugliche Grenze bildet hier ebenfalls nicht die Verjährung von Ansprüchen nach § 195, 199 BGB. Die Verwirkung unterliegt nicht den Grundsätzen der Verwirkung. Daher kann hier keine Analogie gebildet werden, nach dem Muster, dass eine Verwirkung „verjährt“.
Im Übrigen könne sich die Beklagte schon deshalb nicht auf einen Vertrauensschutz berufen, weil der BGH spätestens mit seinem Urteil vom 08.12.2009 Az. VIII ZR 219/08 deutlich gemacht hat, dass die auch hier verwendete Widerrufsbelehrung falsch und fehlerhaft ist.
Zudem sind bei der Beklagten seit 2012 zahlreiche späte Widerrufe eingegangen, sodass auch hieraus der Beklagten klar sein musste, dass kein Vertrauensschutz besteht und eine Rückabwicklung per Widerruf droht. Insbesondere nutzt die Beklagte keinen dieser Anlässe dazu, die Betroffenen Darlehensnehmer nachzubelehren und den Mangel zu beseitigen.
Dieser letzte Punkt ist bisher in der Rechtsprechung noch wenig beachtet und aufgegriffen worden. Letztlich wissen die Banken schon sehr lange, dass ihre Widerrufsbelehrungen in vielen Fällen falsch und fehlerhaft sind, haben aber nie etwas dagegen unternommen.
Das OLG Karlsruhe stellte sich damit ebenfalls und ausdrücklich klar gegen die viel von Banken zitierte Entscheidung des OLG Frankfurts vom 19.11.2014 Az. 19 U 74/14 der Verwirkung angenommen hatte.
Dies macht deutlich, dass die Entscheidung des OLG Frankfurt, anders als viele Banken behaupten, eben nicht das Maß aller Dinge ist, sondern eine reine Einzelfallentscheidung war, die auf den besonderen Umständen des dortigen Falles beruhte.
Betroffene Darlehensnehmer sollten sich daher nicht abschrecken lassen, ihr Recht auf Widerruf notfalls vor Gericht durchzusetzen.
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