Das Oberlandesgericht Frankfurt lehnt dezidiert eine Verwirkung des Widerrufsrecht der Darlehensnehmer ab.

Das Ober­lan­des­ge­richt Frank­furt äußert sich in einer lang erwar­te­ten Ent­schei­dung zur Verwirkung.

(Urteil vom 26.08.2015 Akten­zei­chen: 17 U 202/14)

Nach­dem das Land­ge­richt Frank­furt bis­her, abge­se­hen von eini­gen weni­gen Aus­nah­men, in fast allen Ver­fah­ren hin­sicht­lich der spä­ten Wider­ru­fe von Dar­le­hens­ver­trä­gen auf den Stand­punkt gestellt hat­te, dass Ansprü­che der Dar­le­hens­neh­mer ver­wirkt sind, äußer­te sich jetzt dezi­diert das OLG Frank­furt zu die­sem The­ma und spricht ein Machtwort. 

Inhalt­lich ging es dabei in dem Ver­fah­ren um eine fremd­fi­nan­zier­te Kapi­tal­an­la­ge des Klä­gers vom 18.12.2003. Für die­se schloss er einen Dar­le­hens­ver­trag in Höhe von 11.000 € ab. 

Die Wider­rufs­be­leh­rung des Dar­le­hens ent­hielt u.a. den bereits mehr­fach vom BGH als falsch ange­se­he­nen Pas­sus „Die Frist beginnt frü­hes­tens mit Erhalt die­ser Beleh­rung.“. Nach­dem wei­te­re inhalt­li­che Abwei­chun­gen vor­la­gen, war der Umstand, dass die Wider­rufs­be­leh­rung nicht aus­rei­chend war, rela­tiv deutlich. 

Kern­punkt des Ver­fah­rens und der Ent­schei­dung war die Fra­ge nach der Ver­wir­kung und des Rechtsmissbrauchs. 

Der Klä­ger hat­te das Dar­le­hen bereits 2009 voll­stän­dig zurück­ge­führt, erklär­te 2013 den Wider­ruf des­sel­ben. Das Ver­fah­ren ist gleich in zwei­er­lei Hin­sicht rich­tungs­wei­send für den gesam­ten OLG Frank­furt Bezirk und damit das gesam­te Bun­des­land Hes­sen, weil es sich nicht nur mit der Ver­wir­kung befasst, son­dern auch mit der Fra­ge, ob nach der voll­stän­di­gen Rück­füh­rung Jah­re spä­ter noch der Wider­ruf erklärt wer­den kann. 

Die Vor­in­stanz, das Land­ge­richt Gie­ßen hat­te dem Klä­ger bereits zum Teil Recht gege­ben und anders als vie­le Kam­mern in Frank­furt kei­ne Ver­wir­kung ange­nom­men. Das OLG Frank­furt bestä­tig­te jetzt die­se Ansicht des Landgerichts. 

Dabei stell­te das OLG mit deut­li­chen Wor­ten und völ­lig im Ein­klang mit dem Bun­des­ge­richts­hof fest, dass jede noch so gering inhalt­li­che Abwei­chung zum Ver­lust des Ver­trau­ens­schut­zes und der soge­nann­ten Gesetz­lich­keits­fik­ti­on führt. 

Wäh­rend eine wie im vor­lie­gen­den Fall unzu­rei­chen­de, weil irre­füh­ren­de Wider­rufs­be­leh­rung den Beginn der Wider­rufs­frist nicht in Gang setzt, kann sich die Beklag­te grund­sätz­lich auch nicht mit Erfolg auf § 14 Abs. 1 und 3 BGB InfoV und das Mus­ter der Anla­ge 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB InfoV a.F. beru­fen. Dies ist ihr bereits unter dem Gesichts­punkt ver­wehrt, dass sie im kon­kre­ten Fall kein For­mu­lar ver­wen­det hat, wel­ches den bezeich­nen­den Mus­tern in der jeweils maß­geb­li­chen Fas­sung in jeder Hin­sicht voll­stän­dig ent­spro­chen hät­te. Ein Ver­trau­ens­schutz zuguns­ten der Beklag­ten als Ver­wen­de­rin der Wider­rufs­be­leh­rung wäre dem­ge­gen­über nur dann anzu­neh­men, wenn das von der Beklag­ten ver­wen­de­te For­mu­lar dem Mus­ter der maß­geb­li­chen Anla­ge zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB InfoV sowohl inhalt­lich als auch in der äuße­ren Gestal­tung voll­stän­dig ent­spro­chen hät­te (BGH, Urteil vom 28.06.2011, XI ZR 349/10, WM 2011, 1799 ff., Rn. 37; OLG Köln, Urteil vom 23.01.2013, 13 U 217/11, Juris, Rn. 21, jeweils m. w. N.). Wer­den, wie im vor­lie­gen­den Fall, auch nur gering­fü­gi­ge Zusät­ze oder Ver­än­de­run­gen hin­sicht­lich der Mus­ter­be­leh­rung vor­ge­nom­men, schei­det eine Beru­fung auf die Grund­sät­ze des Ver­trau­ens­schut­zes von vorn­her­ein aus. Dem­ge­mäß kann sich die Beklag­te auch nicht mit Erfolg dar­auf beru­fen, die Abwei­chung von der Wider­rufs­be­leh­rung betref­fe nur Nuan­cen ohne erkenn­ba­re eigent­li­che Abwei­chung hin­sicht­lich des bear­bei­te­ten Tex­tes. Wenn der Ver­wen­der eine inhalt­li­che Ver­än­de­rung gegen­über dem in der BGB InfoV vor­ge­se­he­nen Text vor­nimmt und sich damit erkenn­bar inhalt­lich mit der Wider­rufs­be­leh­rung selbst aus­ein­an­der setzt, kann er unab­hän­gig vom kon­kre­ten Umfang der von ihm vor­ge­nom­me­nen Ände­rung sei­ner­seits kein Ver­trau­en auf die Rich­tig­keit der vom Gesetz­ge­ber vor­ge­nom­me­nen Fas­sung für sich bean­spru­chen (BGH, Urteil vom 28.06.2011, XI ZR 349/10, a.a.O., Rand­num­mer 37). In Ein­klang mit der inso­weit zutref­fen­den Annah­me des Land­ge­richts hat danach die feh­ler­haf­te Wider­rufs­be­leh­rung nicht dazu geführt hat, dass die Wider­rufs­frist zu lau­fen begon­nen hat.“(OLG Frank­furt Urteil 26.08.2015 Az. 17 U 202/14)

Noch inter­es­san­ter für den Gerichts­stand­ort Hes­sen und ins­be­son­de­re Frank­furt dürf­ten dabei die Aus­füh­run­gen des OLG zum The­ma Ver­wir­kung sein.

„Die Ver­wir­kung der Wider­rufs­mög­lich­keit schließt ledig­lich eine illoy­al ver­spä­te­te Inan­spruch­nah­me eines Schuld­ners aus.”
(OLG Frank­furt Urteil 26.08.2015 Az. 17 U 202/14)

Auf­grund der gro­ßen Bedeu­tung der Aus­füh­run­gen für die hes­si­schen Gerich­te, sei­nen eini­ge der wich­ti­gen Pas­sa­gen aus dem Urteil für zunächst schlicht zitiert und ledig­lich eini­ge der beson­ders mar­kan­ten Sät­ze druck­tech­nisch hervorgehoben:

„Wäh­rend das Zeit­mo­ment erfüllt ist, indem der Klä­ger das Wider­rufs­recht etwa 9,5 Jah­re nach sei­ner auf die Bei­tritts­ver­ein­ba­rung gerich­te­ten Erklä­rung und etwa knapp 4 Jah­re nach der voll­stän­di­gen Zurück­füh­rung des Dar­le­hens aus­ge­übt hat, fehlt es an dem zusätz­lich not­wen­di­gen Umstands­mo­ment bezüg­lich des bereits abge­wi­ckel­ten Dar­le­hens­ver­tra­ges. Letz­te­res ist anzu­neh­men, wenn der Ver­pflich­te­te bei objek­ti­ver Betrach­tung aus dem Ver­hal­ten des Berech­tig­ten ent­neh­men durf­te, dass die­ser sein Recht nicht mehr gel­tend machen wer­de, sich des­halb hier­auf ein­ge­rich­tet hat und die ver­spä­te­te Gel­tend­ma­chung daher gegen den Grund­satz von Treu und Glau­ben ver­stößt (BGH, Urteil vom 18. Okto­ber 2004 — II ZR 352/02, juris, Rn. 23; Urteil vom 11. Okto­ber 2012 — VII ZR 10/11, juris Rn. 20 f.; Urteil vom 20. Juli 2010 — EnZR 23/09, juris Rn. 20; BGH, Urteil vom 29. Janu­ar 2013 — EnZR 16/12, juris Rn. 13). Gera­de im vor­lie­gend betrof­fe­nen Anwen­dungs­be­reich von Ver­brau­cher­schutz­rech­ten und damit zusam­men­hän­gen­den Wider­rufs­rech­ten sind stren­ge Anfor­de­run­gen zu stel­len. Die mit der unter­las­se­nen oder nicht ord­nungs­ge­mä­ßen Wider­rufs­be­leh­rung ver­bun­de­nen Nach­tei­le hat grund­sätz­lich der Geschäfts­part­ner des Ver­brau­chers zu tra­gen. Die blo­ße Dau­er zwi­schen dem wider­ru­fe­nen Geschäft und dem Wider­ruf reicht dafür nicht aus (BGH, Urteil vom 18. Okto­ber 2004 a. a. O., Tz. 23 f.).

Vor­lie­gend steht außer der seit der voll­stän­di­gen Rück­füh­rung des Dar­le­hens ver­stri­che­nen Zeit kein Ver­hal­ten der Klä­ge­rin im Raum, aus dem der Beklag­te bei objek­ti­ver Betrach­tung den Schluss zie­hen durf­te, sie wer­de ihr Recht nicht mehr gel­tend machen. Wäh­rend der Ver­trau­en­s­tat­be­stand, den das Umstands­mo­ment vor­aus­setzt, nicht durch blo­ßen Zeit­ab­lauf geschaf­fen wer­den kann (BGH, Urt. v. 23.01.2004 — VII ZR 177/13, a.a.O. , juris Rn. 14; Urt. v. 09.10.2013 — XII ZR 59/12, a.a.O. , juris Rn. 11 m. w. N.), kommt auch der Tat­sa­che, dass der Klä­ger nach eige­nen Anga­ben im Wesent­li­chen wegen der ent­täusch­ten Erwar­tun­gen im Zusam­men­hang mit der getrof­fe­nen Anla­ge­ent­schei­dung die Rück­ab­wick­lung anstrebt, kei­ne maß­geb­li­che Bedeu­tung zu, da es gera­de bei der Mög­lich­keit des Wider­rufs der Erklä­rung nicht auf die dafür maß­geb­li­che Moti­va­ti­on ankommt. Auch wenn grund­sätz­lich die Gel­tend­ma­chung eines Wider­rufs­rechts rechts­miss­bräuch­lich sein kann, wenn der Klä­ger ein ihm for­mal zuste­hen­des Recht nutzt, um damit ein völ­lig ande­res Ziel zu errei­chen, ersetzt die­ser Gesichts­punkt vor­lie­gend nicht das einen Ver­trau­en­s­tat­be­stand recht­fer­ti­gen­den Umstands­mo­ment. Sinn und Zweck eines Wider­rufs­rechts lie­gen grund­sätz­lich dar­in, dem Kun­den die Mög­lich­keit im Nach­hin­ein ein­zu­räu­men, die Sinn­haf­tig­keit des von ihm abge­schlos­se­nen Ver­tra­ges noch ein­mal zu über­den­ken und auf eine vor­ei­li­ge Ent­schlie­ßung über­prü­fen zu kön­nen. Inso­weit kann von einer Rechts­miss­bräuch­lich­keit auch unter dem Gesichts­punkt nicht aus­ge­gan­gen wer­den, dass der Klä­ger vor­lie­gend für sich kei­nen Über­ei­lungs­schutz in Anspruch zu neh­men gedenkt, son­dern den Wider­ruf im Hin­blick auf die Unzu­frie­den­heit mit dem Ver­lauf der Fonds­be­tei­li­gung durch­zu­set­zen sucht.

Die blo­ße Hoff­nung der Beklag­ten, auf ihr eige­nes Schwei­gen hin wer­de auch der Klä­ger die Anla­ge­ent­schei­dung im Lau­fe der Zeit viel­leicht auf sich beru­hen las­sen, ist nicht schutz­wür­dig. Es kann dahin­ge­stellt blei­ben, ob die Beklag­te ein schutz­wür­di­ges Ver­trau­en hier schon des­halb nicht in Anspruch neh­men kann, weil sie die Situa­ti­on selbst her­bei­ge­führt hat, indem sie dem Klä­ger kei­ne ord­nungs­ge­mä­ße Wider­rufs­be­leh­rung erteil­te (BGH, WM 2014, 1030; OLG Karls­ru­he, Urteil vom 14.4.2015, Beck RS 2015,09345, Rn. 22 m.w.N.).Dies gilt auch für die Argu­men­ta­ti­on, es sei in ers­ter Linie Auf­ga­be der Beklag­ten gewe­sen, in Kennt­nis der Unwirk­sam­keit der Beleh­rung nach­träg­lich ihren Kun­den gegen­über eine Rich­tig­stel­lung vor­zu­neh­men, um die Wider­rufs­frist in Gang zu set­zen. Auch wenn eine sol­che end­gül­ti­ge Klä­rung von der beklag­ten Bank bezo­gen auf sämt­li­che inso­weit in Betracht kom­men­den Fäl­le bei rea­lis­ti­scher Betrach­tung nicht erwar­tet wer­den kann, durf­te die­se sich dann ande­rer­seits bei objek­ti­ver Bewer­tung aber des­halb noch nicht auf eine Nicht­aus­übung des Rechts ein­rich­ten. Es bestehen auch kei­ne für den Klä­ger als Anle­ger erkenn­ba­ren Anhalts­punk­te, wonach die Beklag­te in ihrem schutz­wür­di­gen Ver­trau­en auch tat­säch­lich so dis­po­niert hät­te, dass die Zulas­sung einer ver­spä­te­ten Durch­set­zung für ihn eine unzu­mut­ba­re Belas­tung mit sich bräch­te (BGH, Urt. v. 23.01.2014 — VII ZR 177/13, a.a.O. , juris Rn. 13; Urt. v. 27.06.1985 — III ZR 150/83, WM 1985, 1271, juris Rn. 8; jeweils m. w. N.).

Es lie­gen kei­ne sons­ti­gen begrün­de­ten Umstän­de vor, auf­grund derer die Beklag­te im kon­kre­ten Fall nicht mehr mit einem Wider­ruf nach der bereits erfolg­ten voll­stän­di­gen Rück­zah­lung des Dar­le­hens­ver­tra­ges rech­nen muss­te. Wäh­rend für bei­de Ver­trags­par­tei­en das Schuld­ver­hält­nis abge­wi­ckelt und erle­digt war, ver­mag zwar die Argu­men­ta­ti­on des Klä­gers nicht zu über­zeu­gen, die Beklag­te habe es in Kennt­nis der Unwirk­sam­keit ihrer Wider­rufs­be­leh­rung selbst in den Hän­den gehabt, nach­träg­lich durch eine erneu­te Wider­rufs­be­leh­rung die Wider­rufs­frist von zwei Wochen in Gang zu set­zen. Nach einer längst erfolg­ten Abwick­lung des Dar­le­hens­ver­tra­ges kann es nach Treu und Glau­ben von einer finan­zie­ren­den Bank nicht mehr erwar­tet wer­den, sämt­li­che zurück­lie­gen­den Dar­le­hens­ver­trä­ge zu über­prü­fen und durch eine nach­träg­li­che Wider­rufs­be­leh­rung einen vom Kun­den bis dahin nicht gel­tend gemach­ten Rück­ab­wick­lungs­me­cha­nis­mus in Lauf zu set­zen. Aller­dings kann sie dann auch kein schutz­wür­di­ges Ver­trau­en für sich in Anspruch neh­men, nicht mehr mit einer Rück­ab­wick­lung rech­nen zu müs­sen. Inso­weit weist das OLG Karls­ru­he zu Recht dar­auf hin, dass im vor­lie­gen­den Fall eines ver­bun­de­nen Geschäfts bei den anzu­stel­len­den Erwä­gun­gen auch die fort­be­stehen­de Fonds­be­tei­li­gung in die Betrach­tung mit ein­zu­be­zie­hen sein dürf­te, deren Finan­zie­rung die für sich genom­men voll­stän­dig rück­ge­führ­te Bege­bung einer Inha­ber­schuld­ver­schrei­bung dien­te (BGH, WM 2004, WM Jahr 2004 Sei­te 2491 Rn. WM Jahr 2004 Sei­te 2491 Rn. 19; OLG Karls­ru­he, Urteil vom 14.4.2015, Beck RS 2015,09345, Rn. 32 m.w.N.).“(OLG Frank­furt Urteil 26.08.2015 Az. 17 U 202/14)

Die­se Ent­schei­dung, dass auch ein bereits 2009 rück­ge­führ­tes Dar­le­hen 2013 noch erfolg­reich wider­ru­fen wer­den konn­te und sich die Bank nicht auf Ver­wir­kung beru­fen kann, geht der­zeit wie eine Schock­wel­le durch das Land­ge­richt Frank­furt, weil sie so gut wie jedes bis­her gefällt Urteil des LG Frank­furts, wel­ches auf Ver­wir­kung abziel­te, als unwirk­sam ver­puf­fen lässt. Es wider­legt auch die Aus­füh­run­gen vie­ler Ban­ken in den Pro­zes­sen, dass das OLG Frank­furt grund­sätz­lich von einer Ver­wir­kung aus­ge­hen wür­de. Das OLG Frank­furt hat sich lan­ge nicht äußern kön­nen, jetzt hat es end­lich dezi­diert zum The­ma Ver­wir­kung Stel­lung bezogen. 

Wich­tig sind hier­bei die zen­tra­len Punk­te des Urteils:

Jede inhalt­li­che Abwei­chung vom Mus­ter­text reicht aus, um die Gesetz­lich­keits­fik­ti­on ent­fal­len zu las­sen. Dies ist für alle Wider­rufs­be­leh­run­gen wich­tig, die den Pas­sus „Die Frist beginnt frü­hes­tens …“ beinhalten. 


Die blo­ße Dau­er der Geschäfts­be­zie­hung reicht nicht aus, um eine Ver­wir­kung anzunehmen. 


Ein Ver­stoß gegen ver­brau­cher­schüt­zen­de Nor­men durch den Unter­neh­mer geht grund­sätz­lich zulas­ten des Unter­neh­mers und er kann sich dabei nicht mehr auf einen spä­te­ren Ver­trau­ens­schutz berufen. 


Es kommt nicht auf die maß­geb­li­che Moti­va­ti­on des Dar­le­hens­neh­mers zum Wider­ruf an. Hier war der Dar­le­hens­neh­mer nicht mit der wirt­schaft­li­chen Ent­wick­lung der Kapi­tal­an­la­ge zufrie­den. Laut dem OLG völ­lig irrelevant. 

Beson­ders tref­fend ist wohl ins­be­son­de­re auch der Satz des OLG der in Zukunft ver­mut­lich sehr oft zitiert wer­den wird.

„Die blo­ße Hoff­nung der Beklag­ten, auf ihr eige­nes Schwei­gen hin wer­de auch der Klä­ger die Anla­ge­ent­schei­dung im Lau­fe der Zeit viel­leicht auf sich beru­hen las­sen, ist nicht schutz­wür­dig.“
(OLG Frank­furt Urteil 26.08.2015 Az. 17 U 202/14)

Dies bezeich­net letzt­lich genau die Argu­men­ta­ti­on, die die Ban­ken in ihren teil­wei­se sehr lan­gen und umfang­rei­chen Aus­füh­run­gen in den Pro­zes­sen hin­sicht­lich einer angeb­li­chen Ver­wir­kung machen. 

Letzt­lich ist es so, wenn die Wider­rufs­be­leh­rung falsch war, wur­de eine ver­brau­cher­schüt­zen­de Norm gebro­chen und dann kann kein Ver­trau­en dar­auf bestehen, dass der Ver­brau­cher sein Recht nicht gel­tend macht. Das blo­ße Hof­fen der Bank ist dafür kei­ne Begrün­dung. Letzt­lich wür­de es auch nur die Ban­ken bes­ser stel­len, die geschwie­gen haben und nicht nach­be­lehrt haben, gegen­über den Ban­ken, die nach­be­lehrt haben und sich rechts­kon­form ver­hal­ten haben.

Das Urteil ist dabei in den grund­le­gen­den Aus­sa­gen, auf alle Dar­le­hens­ver­hält­nis­se zu über­tra­gen. Es spielt dabei kei­ne Rol­le, dass es vor­lie­gend um ein soge­nann­tes ver­bun­de­nes Geschäft ging und es eine fremd­fi­nan­zier­te Kapi­tal­an­la­ge gab. Die­ses ist ledig­lich für den Umstand maß­geb­lich, ab wann nach einer voll­stän­di­gen Rück­füh­rung des Dar­le­hens eine Ver­wir­kung vor­lie­gen kann. Für alle Dar­le­hens­neh­mer, die im lau­fen­den Ver­trag wider­ru­fen haben oder deren Been­di­gung nicht lan­ge her ist, sind die Aus­füh­run­gen zur Ver­wir­kung gleich­falls übertragbar. 

Betrof­fe­ne Dar­le­hens­neh­mer, die am Gerichts­ort Frank­furt kla­gen müs­sen oder wol­len, dürf­ten im Lich­te die­ses Urteils nun­mehr etwas zuver­sicht­li­cher sein. Dies bedeu­te­te nicht, dass alle Kam­mern beim Land­ge­richt Frank­furt jetzt anders ent­schei­den wer­den, aber es regt zum ver­mehr­ten Nach­den­ken der Gerich­te an.

Die hier genann­te Ent­schei­dung des OLGs hat sich bereits beim Land­ge­richt Frank­furt bemerk­bar gemacht und die Anzahl der Kam­mern und Richter/innen die gewillt sind, von dem bis­her ver­folg­ten Kurs der Ver­wir­kung von Ansprü­chen abzu­wei­chen steigt stetig. 


Dies haben auch die Ban­ken bemerkt und die Ver­gleichs­be­reit­schaft eini­ger Ban­ken ist am Gerichts­ort Frank­furt i in den von uns geführ­ten Pro­zes­sen deut­lich gestiegen.

Am Ran­de sei bemerkt, dass es wie immer auf den genau­en Ein­zel­fall und ins­be­son­de­re den Wort­laut der Wider­rufs­be­leh­rung ankommt. Nur wenn die­ser irre­füh­rend und falsch war, kommt man über­haupt zu dem The­ma Ver­wir­kung. Das OLG Frank­furt hat jüngst in einer nicht von uns geführ­ten Kla­ge fest­ge­stellt, dass die For­mu­lie­rung aus­rei­chend ist, die ger­ne von einer ande­ren gro­ßen deut­schen Bank ver­wen­det wurde: 

Der Lauf der Frist für den Wider­ruf beginnt einen Tag, nach­dem mir ein Exem­plar die­ser Wider­rufs­be­leh­rung und eine Ver­trags­ur­kun­de, mein schrift­li­cher Ver­trags­an­trag oder eine Abschrift der Ver­trags­ur­kun­de oder mei­nes Ver­trags­an­tra­ges zur Ver­fü­gung gestellt wurden.”
(OLG Frank­furt 23. Zivil­se­nat 05.08.2015 Az. 23 U 178/14 & auch OLG Cel­le Beschluss vom 14.7.2014 3 W 34/14)

Ähn­li­ches gilt für die Ver­wir­kung und das Ver­hal­ten des Dar­le­hens­neh­mers. Hier hat­te der 3. Senat des OLG Frank­furt in einem Beschluss (Az. 3 U 31/15) fest­ge­hal­ten, dass ein Dar­le­hens­neh­mer, der gegen­über der Bank einen nied­ri­ge­ren Zins­satz for­dert, sonst wer­de er wider­ru­fen, rechts­miss­bräuch­lich han­deln kann. 

Dies klingt zunächst wie ein Wider­spruch zu der jetzt ergan­ge­nen Ent­schei­dung des 17. Senats des OLG Frank­furt, ist es aber nicht. Es kommt immer sehr genau dar­auf an, wie vor­ge­richt­lich und außer­ge­richt­lich durch den Dar­le­hens­neh­mer und ggf. den betrau­en Rechts­bei­stand gehan­delt wird. Natür­lich ist es immer mög­lich mit der Bank zu ver­han­deln, aber bei dem Wider­rufs­recht des Dar­le­hens­neh­mers han­delt es sich um ein ein­sei­ti­ges unbe­ding­tes Aus­übungs­recht. Dies bedeu­tet, es darf grund­sätz­lich nicht bedingt aus­ge­übt wer­den nach dem Mot­to, wenn ihr mei­nen Zins­satz nicht senkt, erklä­re ich den Wider­ruf. Der pas­sen­de Rechts­ter­mi­nus dafür ist „bedin­gungs­feind­lich“. Es gibt in der Rechts­welt, wie fast immer, Aus­nah­men, aber der Grund­satz gilt.

Es gilt wie fast über­all im Leben, genau hin­zu­schau­en, wie sieht die Wider­rufs­be­leh­rung aus, wel­che sons­ti­gen Umstän­de lie­gen vor und wie hat sich der Dar­le­hens­neh­mer bis­her ver­hal­ten, wo muss ggf. geklagt wer­den. Nicht jede Abwei­chung vom Mus­ter­text ist ein Feh­ler und nicht jeder Ein­griff in die Wider­rufs­be­leh­rung führt zu dem soge­nann­ten ewi­gen Widerrufsrecht.

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