Mit Urteil vom 07.09.2016, Az. 17 U 6/16 stellte das OLG Frankfurt in einem von hünlein rechtsanwälten geführten Verfahren fest, dass die von der Sparda-Bank Hessen verwendete Widerrufsbelehrung eines Darlehensvertrages aus dem Jahre 2008 fehlerhaft und damit unwirksam ist.
Das LG Frankfurt hatte die Klage des Darlehensnehmers zuvor noch abgewiesen. Dieses Urteil wurde vom OLG Frankfurt gekippt und zugunsten des Darlehensnehmers entschieden. Die Kosten des Verfahrens wurden ebenfalls vollständig der Sparda-Bank Hessen auferlegt.
Es ging dabei um einen mit der Sparda-Bank Hessen geschlossenen Darlehensvertrag aus dem Jahre 2008, der 2015 widerrufen wurde. Die Sparda-Bank lehnte diesen ab und es musste geklagt werden. Die Widerrufsbelehrung des Darlehensvertrages enthielt den damals für viele Sparda-Banken und Volksbanken charakteristischen Satz:
„Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen (einem Monat)1 ohne Angaben von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E‑Mail) widerrufen.“
In der Fußnote fand sich sodann regelmäßig folgender Text:
“Die Widerrufsfrist beträgt gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB einen Monat, wenn die Widerrufsbelehrung erst nach Vertragsschluss in Textform dem Kunden mitgeteilt wird bzw. werden kann.“
Die seinerzeit verwendeten Widerrufsbelehrungen vieler Sparda-Banken und Volksbanken basierten einmal mehr auf einem Verbandsmuster. Insoweit sind die jetzt vom OLG Frankfurt getroffenen Feststellungen auf eine Vielzahl an Verträgen und Verfahren übertragbar.
Das OLG Frankfurt setzte sich in dem jetzt entschiedenen Verfahren vom 07.09.2016, Az. 17 U 6/16 dezidiert mit der doppelten Fristdauerangabe auseinander und sah sie als eindeutig für den Darlehensnehmer irreführend an.
Hierzu führt das Gericht aus:
„Die in der Widerrufsbelehrung enthaltene Formulierung: „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen (einem Monat)1 … widerrufen“, wird den Anforderungen des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. und dem darin enthaltenen Deutlichkeitsgebot (…) nicht gerecht. Denn durch diese Formulierung wird dem Verbraucher nicht hinreichend deutlich vor Augen geführt, welche Frist für den Widerruf gilt. „
(OLG Frankfurt 07.09.2016, Az. 17 U 6/16)
Insoweit konnte die eingefügte Fußnote die Widerrufsbelehrung nicht mehr retten.
Ganz im Gegenteil sah das OLG Frankfurt diese Fußnote ebenfalls als problematisch an.
Zunächst stellte das OLG Frankfurt jedoch darauf ab, dass sich die Fußnote außerhalb der Widerrufsbelehrung befindet und der Darlehensnehmer diese nicht mehr zur Kenntnis nehmen müsse, zumal unklar ist, an wen sich diese Fußnote überhaupt richtet. Diese Fußnote könne sich ebenso an den Sachbearbeiter wie auch den Darlehensnehmer richten. Für den Darlehensnehmer steht aber ohne diese Fußnote nur eine widersprüchliche Frist in der Widerrufsbelehrung. Der unkundige Darlehensnehmer kann insoweit dann nicht abschätzen, welche der beiden Fristen (2 Wochen oder 1 Monat) für ihn gilt.
Hier folgte das OLG Frankfurt der Argumentation von hünlein rechtsanwälten, dass bereits diese doppelte Fristangabe losgelöst von allen weiteren möglichen Fehlern in der Widerrufsbelehrung per se ein Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot ist.
Der Darlehensnehmer kann bei einer doppelten Fristangabe nicht zuverlässig entscheiden, welche Frist gilt. Eine rechtliche Subsumption kann dabei weder vom Darlehensnehmer verlangt werden, noch würde diese dem Deutlichkeitsgebot entsprechen.
O‑Ton OLG Frankfurt:
„Ohne den Zusatz in der Fußnote ist die Widerrufsfrist für den Verbraucher jedoch nicht bestimmbar, da für diesen unklar ist, innerhalb welcher der beiden alternativ genannten Fristen der Widerruf erfolgen kann, so dass die Belehrung schon deshalb nicht dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 BGB a.F. entspricht. „
(OLG Frankfurt 07.09.2016, Az. 17 U 6/16)
Wobei das OLG Frankfurt die Fehlerhaftigkeit dieser der widersprüchlichen Fristen gerade nicht an der Fußnote festmacht. Selbst wenn diese Fußnote vom Darlehensnehmer gewürdigt werden würde, wäre diese Formulierung immer noch falsch.
Daher das OLG Frankfurt:
„Allerdings ist der Senat zudem der Auffassung, dass selbst unter Hinzuziehung der Fußnote die Widerrufsbelehrung dem Deutlichkeitsgebot nicht genügt.“
„Denn mit der Belehrung über die Widerrufsfrist verbunden mit der Fußnote wird dem Verbraucher eine Prüfungspflicht auferlegt, die zudem im Einzelfall für den Verbraucher zu schwierigen Fragen der Fristberechnung führen kann, wenn sich für ihn nicht hinreichend deutlich ergibt, ob ihm die Belehrung erst nach dem Vertragsschluss mitgeteilt wurde und zu Irritationen und Unsicherheiten im Einzelfall führen kann. Von einer derartigen Prüfung soll der Verbraucher indes entbunden sein.“
(OLG Frankfurt 07.09.2016, Az. 17 U 6/16)
Das OLG Frankfurt steht mit der jetzt ergangenen Entscheidung in guter Gesellschaft. Auch andere Oberlandesgerichte wie etwa OLG Hamm haben mit Urteil vom 18.07.2016, Az. 31 U 284/15 oder auch OLG Stuttgart mit Urteil vom 01.12.2015, Az. 6 U 107/15 vergleichbare Widerrufsbelehrungen von Darlehensverträgen als falsch angesehen.
Das OLG Frankfurt stellt sich mit diesem Urteil offen gegen das OLG Düsseldorf und das OLG Köln, die in zwei Entscheidungen ähnliche Widerrufsbelehrungen unbeanstandet gelassen hatten.
Beide hatten dabei trotz der entgegenstehenden Rechtsprechung anderer OLGs und der offenkundigen grundsätzlichen Bedeutung keine Revision zugelassen. Dies dürfte, folgt man dem Bundesverfassungsgericht, unrechtmäßig gewesen sein. Dieses hatte mit dem Beschluss vom 16.6.2016, Az. 1 BvR 873/15 festgestellt, dass in Widerrufssachen deutlich öfter die Revision zuzulassen ist, als es bisher gemacht wurde. Dies insbesondere immer dann, wenn eine entgegenstehende oberlandesgerichtliche Rechtsprechung existiert ebenso, wie wenn ein gewisses Allgemeininteresse nicht auszuschließen ist.
Letztlich dürfte jedem Gericht klar sein, dass über Widerrufsbelehrungen entscheidet, die in ähnlicher Form im gesamten Bundesgebiet verwendet wurden, dass eine Entscheidung immer von grundsätzlicher Bedeutung ist, wenn der BGH zu dieser Widerrufsbelehrung noch nicht Stellung bezogen hat.
Es spricht insoweit auch nicht für ein Oberlandesgericht und die Entscheidung, wenn es die Revision nicht zulässt und damit versucht, einer Prüfung durch den BGH zu entgehen. Leider passierte dies gerade in der Vergangenheit regelmäßig. Aufgrund des BVerfG Beschlusses hat sich dies jetzt glücklicherweise geändert. Daher ließ auch das OLG Frankfurt in dem jetzt ergangenen Urteil die Revision zu. Es bleibt abzuwarten, ob die Sparda-Bank Hessen davon Gebrauch macht.
Nach diesseitiger Einschätzung hätte eine Revision aber keine Aufhebung des für die Darlehensnehmer positiven Urteils des OLG Frankfurts gegen die Sparda-Bank Hessen zur Folge.
Die widersprüchliche Fristangabe in der Widerrufsbelehrung des Darlehensvertrages ist ein offensichtlicher Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebots des § 355 Abs. 2 BGB a.F. und dürfte auch nicht anders vom BGH eingeschätzt werden. Gleichwohl wird dennoch oft Revision eingelegt, nur damit das Urteil nicht rechtskräftig wird und diese dann irgendwann später kurz vor der mündlichen Verhandlung zurückgezogen.
Natürlich wurden im vorliegenden Verfahren vor dem OLG Frankfurt Verwirkung und Rechtsmissbrauch thematisiert. Beides wurde vom OLG Frankfurt ebenso zutreffend abgelehnt. Verwirkung & Rechtsmissbrauch ist beim OLG Frankfurt lediglich noch beim 19. Senat derzeit ein Thema.
Nachdem es sich bei dem OLG Frankfurt aufgrund der örtlichen Nähe zur Bankenmetropole Frankfurt um ein entsprechend fachkundiges Gericht handelt, dürfte dieses Urteil vom 07.09.2016, Az. 17 U 6/16 entsprechende Bedeutung erlangen.
Zumindest in Hessen ist damit klargestellt, dass die Widerrufsbelehrung der Sparda-Banken und Volksbanken, die die doppelte Fristformulierung zwei Wochen (1 Monat) enthalten, fehlerhaft sind und der Widerruf der Darlehensnehmer damit wirksam ist.
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