Oberlandesgericht Frankfurt kippt Sparkassenbelehrung mit Urteil vom 27.01.2016 Az. 17 U 16/15

Das neue Jahr beginnt in Frank­furt mit einem Pau­ken­schlag. Das Ober­lan­des­ge­richt Frank­furt (OLG Frank­furt) hat eine sehr oft von Spar­kas­sen ver­wen­de­te Wider­rufs­be­leh­rung aus dem Zeit­raum von 2004 – 2008 als falsch ange­se­hen (Urteil vom 27.01.2016 Az. 17 U 16/15).

Es geht dabei um die Ver­si­on der Spar­kas­sen­be­leh­rung, die sowohl den Pas­sus „Die Frist beginnt frü­hes­tens …“ als auch die Fuß­no­te „Bit­te Frist im Ein­zel­fall prü­fen.“ ent­hält. Wei­ter­hin war in dem vor­lie­gen­den Fall ent­schei­dend, dass die Spar­kas­se in der Wider­rufs­be­leh­rung Aus­füh­run­gen zu den „Finan­zier­ten Geschäf­ten“ gemacht hatte.

Gestrit­ten wur­de um die Rück­zah­lung von Vor­fäl­lig­keits­ent­schä­di­gun­gen zwei­er Dar­le­hens­ver­trä­ge. Die­se wur­den im Juni 2007 geschlos­sen und 2014 vor­zei­tig abge­löst. Im Rah­men des­sen wur­de der Wider­ruf der Dar­le­hens­ver­trä­ge erklärt. Die Spar­kas­se ver­wei­ger­te jedoch die Rück­zah­lung der Vor­fäl­lig­keits­ent­schä­di­gung. Dar­auf­hin wur­de Kla­ge erhoben.

Das jetzt ergan­ge­ne Urteil des OLG Frank­furts ist in wei­ten Tei­len auf fast alle der Kanz­lei hün­lein rechts­an­wäl­ten für die­sen Zeit­raum vor­ge­leg­ten Wider­rufs­be­leh­run­gen von Spar­kas­sen übertragbar. 

Das Ober­lan­des­ge­richt macht hier grund­sätz­li­che Aus­füh­run­gen und bestä­tigt sei­ne bis­he­ri­ge Rechtsprechung.

Der 17. Senat des OLG Frank­furts hat­te bereits in sei­ner Ent­schei­dung vom 26.08.2015 Az. 17 U 202/14 klar­ge­stellt, dass er sowohl eine Ver­wir­kung des Wider­rufs ablehnt als auch jede inhalt­li­che Abwei­chung vom Mus­ter­text der Wider­rufs­be­leh­rung als ein­deu­ti­ge Abwei­chung qua­li­fi­ziert. Die­se hat regel­mä­ßig die Feh­ler­haf­tig­keit der Wider­rufs­be­leh­rung zur Fol­ge, wenn der Pas­sus „frü­hes­tens“ ver­wen­det wurde.

Die­se Recht­spre­chung setzt der 17. Senat mit dem Urteil vom 27.01.2016 Az. 17 U 16/15 fort und über­trägt es auf die vor­lie­gen­de Spar­kas­sen­be­leh­rung. Die Beru­fung der Spar­kas­se wur­de in vol­lem Umfang abge­wie­sen und das Urteil des LG Wies­ba­den bestätigt.

Das OLG Frank­furt stützt sei­ne Ent­schei­dung dar­auf, dass die Wider­rufs­be­leh­rung der Dar­le­hens­ver­trä­ge bei der Spar­kas­se den Pas­sus „Die Frist beginnt frü­hes­tens…“ ent­hielt. Die­ser ist in stän­di­ger Recht­spre­chung des BGHs als falsch anzu­se­hen. Das Wort „frü­hes­tens“ macht es dem Ver­brau­cher nicht mög­lich zu bestim­men, wann sei­ne Wider­rufs­frist zu lau­fen beginnt.

Zwar befand sich die­ser Pas­sus auch im dama­li­gen Mus­ter der Wider­rufs­be­leh­rung und Ban­ken genie­ßen einen beson­de­ren Ver­trau­ens­schutz, wenn sie die­ses Mus­ter ver­wen­den, aber auch dies lehn­te das OLG Frank­furt ab.

Die Spar­kas­se hat­te ein­deu­ti­ge Ände­run­gen in der Wider­rufs­be­leh­rung der Dar­le­hens­ver­trä­ge vor­ge­nom­men und ist damit vom dama­li­gen Mus­ter der Wider­rufs­be­leh­rung abge­wi­chen. Es bestand daher kein Ver­trau­ens­schutz zuguns­ten der Bank.

Das OLG begrün­de­te sei­ne Ent­schei­dung mit Ände­run­gen der Spar­kas­se unter der Über­schrift „Finan­zier­te Geschäf­te“. Hier hat die Spar­kas­se nicht voll­stän­dig das Mus­ter der Wider­rufs­be­leh­rung ver­wen­det gehabt. Sie hat einen belieb­ten Feh­ler gemacht und zwei Sät­ze des Mus­ters zugleich abge­druckt, obwohl das Mus­ter ein­deu­tig vor­gibt, dass nur einer der bei­den Sät­ze zu ver­wen­den ist. Wegen die­ser Abwei­chung ver­sag­te das OLG der Spar­kas­se den Ver­trau­ens­schutz. Die Wider­rufs­be­leh­rung ist daher feh­ler­haft und die Kla­ge war begründet. 

Beson­ders inter­es­sant dabei ist, dass der Abschnitt zu den „Finan­zier­ten Geschäf­ten“ in die­sem Fall hät­te auch weg­ge­las­sen wer­den kön­nen. Es lag kein ver­bun­de­nes Geschäft vor. Die Spar­kas­se hat­te sich aber dazu ent­schlos­sen, die­sen Teil trotz­dem mit in die Wider­rufs­be­leh­rung aufzunehmen.

Das OLG sah das Auf­neh­men die­ser Infor­ma­tio­nen im Grun­de zwar als zuläs­sig an, ent­schied aber ein­deu­tig, dass wenn die Wider­rufs­be­leh­rung Aus­füh­run­gen zu „Finan­zier­ten Geschäf­ten“ ent­hält, die­se auch rich­tig und voll­stän­dig sein müs­sen. Sind sie es nicht, dann ent­fällt auto­ma­tisch der Ver­trau­ens­schutz und die Bank kann sich nicht mehr auf die soge­nann­te Gesetz­lich­keits­fik­ti­on beru­fen. Die­se besagt, dass die Rich­tig­keit der Wider­rufs­be­leh­rung fin­giert wird, wenn exakt das Mus­ter der Wider­rufs­be­leh­rung ver­wen­det wird.

Ent­ge­gen der herr­schen­den Recht­spre­chung der OLGs schloss sich das OLG Frank­furt in sei­ner Ent­schei­dung aber hin­sicht­lich der Fuß­no­te „Bit­te Frist im Ein­zel­fall prü­fen.“ nicht der Mehr­heit der OLGs an, son­dern folg­te der Min­der­mei­nung des OLG Bamberg.

Aller­dings ist dies im Ergeb­nis hin­sicht­lich die­ser Spar­kas­sen­be­leh­run­gen wenig rele­vant, weil die vom OLG Frank­furt auf­ge­grif­fe­nen Abwei­chun­gen unter der Über­schrift „Finan­zier­te Geschäf­te“ in fast allen, von der Kanz­lei hün­lein rechts­an­wäl­te geprüf­ten, Wider­rufs­be­leh­run­gen eben­falls vor­han­den sind. Die Schnitt­men­ge der Wider­rufs­be­leh­run­gen, die die bis­he­ri­gen OLGs wegen der Fuß­no­te als falsch ange­se­hen haben und die jetzt das OLG Frank­furt als falsch ansieht, dürf­ten daher zum sehr gro­ßen Teil iden­tisch sein.

Eine Ver­wir­kung oder Rechts­miss­brauch schloss das OLG Frank­furt im Rah­men sei­ner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung zutref­fend aus. Dar­an änder­te es auch nichts, dass die Ver­trä­ge bereits rück­ab­ge­wi­ckelt und dann erst wider­ru­fen wur­den. Das blo­ße Rück­zah­len oder das blo­ße Ver­strei­chen von eini­gen Jah­ren führt weder zur Ver­wir­kung noch zu einem Rechtsmissbrauch.

Beson­ders bemer­kens­wert ist, dass das OLG Frank­furt die Argu­men­ta­ti­on der Ban­ken, dass den Dar­le­hens­neh­mern Nut­zungs­er­satz nur in Höhe von 2,5 Pro­zent­punk­ten über Basis­zins­satz zusteht aus­drück­lich abge­lehnt hat. Vie­le Ban­ken ver­su­chen hier den wirt­schaft­li­chen Vor­teil von Dar­le­hens­neh­mern, die wider­ru­fen haben, zu schmä­lern. Der BGH hat­te in sei­nem Beschluss vom 22.09.2015 Az. XI ZR 116/15 aus­ge­führt, dass eine tat­säch­li­che Ver­mu­tung besteht, dass Ban­ken Erträ­ge in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über Basis­zins­satz erwirt­schaf­ten. Ban­ken ver­wei­gern dies oft mit dem Hin­weis dar­auf, dass der BGH dies ver­meint­lich nicht zu grund­pfand­recht­li­chen Dar­le­hens­ver­trä­gen ent­schie­den hat. Das OLG Frank­furt lös­te den Fall prag­ma­tisch und lehn­te die Begrün­dung der Bank ab.

Zwi­schen­zeit­lich haben vie­le ande­re Ober­lan­des­ge­richt und Land­ge­rich­te die­se auch hier vor­lie­gen­de Wider­rufs­be­leh­rung von Spar­kas­sen als falsch ange­se­hen. Es gibt bis­her zwar auch Aus­s­rei­ßer, aber die­se bil­den bis­her die ein­deu­ti­ge Min­der­heit und stel­len sich damit gegen die bis­her her­schen­de Recht­spre­chung der Oberlandegerichte.

Betrof­fe­ne Dar­le­hens­neh­mer mit Wider­rufs­be­leh­run­gen von Spar­kas­sen, soll­ten daher im Zwei­fels­fall anwalt­li­che Bera­tung in Anspruch nehmen.

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