Widerruf bei mehreren Darlehensnehmern & Keine Verwirkung nach Aufhebungsvertrag

Der BGH hat in sei­nem Urteil vom 11.10.2016 Az. XI ZR 482/15 eini­ge bis­her in der Recht­spre­chung strit­ti­ge Punk­te bezüg­lich des Wider­rufs geklärt.

Der BGH führt aus, dass jeder Dar­le­hens­neh­mer getrennt von ande­ren Dar­le­hens­neh­mern zum Wider­ruf berech­tigt ist. Eben­falls führt eine vor­zei­ti­ge Rück­zah­lung des Dar­le­hens oder gar der Abschluss eines Auf­he­bungs­ver­tra­ges nicht zur Ver­wir­kung des Widerrufsrechts.

Der BGH stellt in sei­nem Urteil vom 11.10.2016 Az. XI ZR 482/15 klar, dass jeder Dar­le­hens­neh­mer getrennt vom ande­ren wider­ru­fen kann. Es bedarf für eine Rück­ab­wick­lung des Dar­le­hens­ver­tra­ges für und gegen alle Dar­le­hens­neh­mer ledig­lich den Wider­ruf eines berech­tig­ten Dar­le­hens­neh­mers. Ent­ge­gen der teil­wei­se von Gerich­ten ver­tre­te­nen Ansicht (z.B. OLG Köln) reicht es daher aus, wenn einer der Dar­le­hens­neh­mer den Ver­brau­cher­dar­le­hens­ver­trag wider­ru­fen hat und die­ser Wider­ruf wirk­sam ist.

BGH O‑Ton (11.10.2016 Az. XI ZR 482/15):

Schlie­ßen  meh­re­re  Ver­brau­cher  als  Dar­le­hens­neh­mer  mit  einem  Unter­neh­mer als Dar­le­hens­ge­ber einen Ver­brau­cher­dar­le­hens­ver­trag, kann jeder von ihnen  sei­ne  auf  Abschluss  des  Dar­le­hens­ver­trags  gerich­te­te  Wil­lens­er­klä­rung selb­stän­dig wider­ru­fen. Die Rechts­wir­kun­gen des Wider­rufs im Ver­hält­nis zwi­schen dem Dar­le­hens­ge­ber und den übri­gen Dar­le­hens­neh­mern rich­ten sich nach §139 BGB.

Hin­sicht­lich der eben­falls teil­wei­se in der Recht­spre­chung ver­tre­te­nen The­se (u.a. auch OLG Köln) führt über­dies ein Auf­he­bungs­ver­trag oder die blo­ße vor­zei­ti­ge ein­ver­nehm­li­che Rück­zah­lung des Dar­le­hens nicht zur Ver­wir­kung des Widerrufsrechts.

BGH O‑Ton (11.10.2016 Az. XI ZR 482/15):

Der  Aus­übung  eines  man­gels  ord­nungs­ge­mä­ßer  Wider­rufs­be­leh­rung  nicht  befris­te­ten Wider­rufs­rechts steht grund­sätz­lich nicht ent­ge­gen, dass die Par­tei­en  den  Ver­brau­cher­dar­le­hens­ver­trag  zuvor  gegen  Leis­tung  eines  Auf­he­bungs­ent­gelts ein­ver­ständ­lich been­det haben.

Mit dem Urteil des BGHs vom 11.10.2016 Az. XI ZR 482/15 sorgt der BGH hin­sicht­lich zwei oft zum Nach­teil der Dar­le­hens­neh­mer aus­ge­leg­ten Umstän­den für Rechts­si­cher­heit. Dies dürf­te ins­be­son­de­re bei den wider­rufs­kri­ti­schen Gerich­ten für eine bes­se­re Aus­gangs­la­ge betrof­fe­ner Dar­le­hens­neh­mer führten.

Gleich­wohl hält der BGH an sei­ner Theo­rie fest, dass das Wider­rufs­recht unter Umstän­den  ver­wirkt sein kann. Dies wäre aber nur dann der Fall, wenn mit der Auf­he­bungs­ver­ein­ba­rung expli­zit sich auch über das Wider­rufs­recht ver­gli­chen wor­den wäre oder die Bank ein beson­de­res Ver­trau­en dar­auf ent­wi­ckeln durf­te, dass das Wider­rufs­recht nach der Rück­füh­rung des Dar­le­hens nicht mehr aus­ge­übt wer­den wird. Bei die­sen Punk­ten hat­te das zuvor befasst OLG Stutt­gart kei­ne aus­rei­chen­den tat­rich­ter­li­chen Fest­stel­lun­gen getrof­fen. Daher ver­wies der BGH das vor­lie­gen­de Ver­fah­ren zur neu­en Ver­hand­lung an das OLG Stutt­gart zurück.

Inhalt­lich ging es bei dem jetzt vom BGH ent­schie­de­nen Fall um einen Dar­le­hens­ver­trag aus dem Jah­re 2004 mit der LBBW (Lan­des­bank Baden-Würt­tem­berg), der im Anfang 2012 vor­zei­tig inkl. einer Auf­he­bungs­ver­ein­ba­rung und einer Vor­fäl­lig­keits­ent­schä­di­gung abge­löst wur­de. Der Wider­ruf wur­de hin­ge­gen erst etwa andert­halb Jah­re spä­ter im Okto­ber 2013 erklärt.

In der Sache wur­de zunächst nicht nega­tiv für den Dar­le­hens­neh­mer ent­schie­den. Bei­de Vor­in­stan­zen hat­ten den Dar­le­hens­neh­mern in wei­ten Tei­len Recht gege­ben. Ob sich dies auf­grund der Zurück­ver­wei­sung durch den BGH jetzt ändert, bleibt abzuwarten.

In den bis­he­ri­gen Ent­schei­dun­gen und so auch hier hat der BGH bis­her offen gelas­sen, ob und wel­che Grün­de zur Ver­wir­kung des Wider­rufs­rechts nach einer vor­zei­ti­gen Rück­füh­rung füh­ren kön­nen. Grund­sätz­lich erweckt der BGH aller­dings in die­ser Ent­schei­dung erneut den Ein­druck, dass er der Annah­me der Ver­wir­kung unter gewis­sen Umstän­den offen gegenübersteht.

Es scheint aber so als haben die Instanz­ge­rich­te bis­her nicht den Punkt tat­säch­lich gewür­digt, an dem der BGH ger­ne fest­ma­chen wür­de, ob und wann eine Ver­wir­kung vor­lie­gen kann.

Im Zivil­recht als rei­ne Revi­si­ons­in­stanz ist der BGH auf die Fest­stel­lun­gen der Tat­rich­ter ange­wie­sen und kann anders als das LG oder OLG die­se nicht tref­fen. Daher bleibt es zunächst unge­klärt, wel­che Anknüp­fungs­punk­te zu einer Ver­wir­kung des Wider­rufs­rechts nach Ver­trags­en­de füh­ren kön­nen. Rein die Tat­sa­che, dass das Dar­le­hen zurück­ge­führt wur­de oder das ein Auf­he­bungs­ver­trag geschlos­sen wur­de, reicht defi­ni­tiv aber nach dem jetzt ver­öf­fent­lich­ten Urteil nicht aus, um Ver­wir­kung anzunehmen.


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